Das Turbo Levo SL von Specialized wurde in Kalifornien designt und bei den Eidgenossen konstruiert. All das ist mit viel Liebe zum Detail erfolgt, wie wir bereits beim ersten Blick feststellen. Gutes Aussehen ist das eine. Aber wie fährt sich ein E-MTB, das auf dem Papier mit weniger Leistung daher kommt – und für welches der Hersteller einen höhere Preis aufruft. Weniger E-MTB für mehr Geld? Eine Mogelpackung? Wir haben dem Turbo Levo SL auf das Ritzel gefühlt.

Um das Specialized Turbo SL zu verstehen, sollte man direkt nach dem Aufsteigen genau das machen, was man beim E-MTB normalerweise nicht tut: den Motor ausgeschaltet lassen! Kein Witz. Dann spürt man am ehesten, was das Superlicht sein möchte. Nämlich ein “normales” MTB. Ist das Specialized Turbo Levo SL also ein E-MTB für diejenigen, die keinen E-Motor wollen?  Nun ja – das hört sich paradox an. Stimmt aber. Das neue Specialized ist der “goldene Mittelweg” für alle, die sich sowohl eine potente E-Enduro, als auch ein Leichtbau-Mountainbike ohne Motor wünschen. Bislang hieß es: entweder oder. Mit dem Turbo Levo SL heißt es: sowohl als auch!

Die Lust des E-Bikers, auf das “E” zu verzichten

In der Tat macht es Spaß, mit dem Specialized Turbo Levo SL bis ans Limit zu gehen, einfach weiter zu kommen – und zugleich schneller unterwegs zu sein. Das Besondere bei diesem Bike ist, dass der 240 Watt Specialized SL 1.1 Motor die aufgewendete Energie bei jedem Tritt ins Pedal buchstäblich verdoppelt. Aber dennoch merkt man dem Turbo Levo SL sein Gewicht nicht an. Das Bike fühlt sich unglaublich leicht an. Leicht und agil genug, um auch einmal längere Strecken ohne Motorunterstützung unterwegs zu sein, z. B. Downhill. Ohne, aber auch mit Motorunterstützung, fährt es sich wie ein konventionelles MTB. Und in Uphillpassagen hat man die Extra-Power, die man sich wünscht. Zwar nicht so stark und nachhaltig wie ein BROSE Drive-S Mag oder die BOSCH CX Gen4, aber ausreichend, um nicht mit Schnappatmung am Gipfel anzukommen.

Spielerisch unterwegs mit dem Turbo Levo SL

Das Turbo Levo SL will nicht das klassische E-MTB sein, bei dem der Motor quasi die gesamte Zeit eingeschaltet bleibt. Bei Gewichten von 24-26 kg bei den herkömmlichen E-MTBs ist es dringend notwendig, dass der Motor permanent mitläuft. Dank dem Leichtbau ist es mit dem Turbo Levo SL jedoch das pure Vergnügen, mit abgeschaltetem Motor eigene Wege zu gehen und die Umgebung zu erkunden. Im motorlosen Betrieb besticht Specialized mit überragenden Fahreigenschaften – bei jedem Tempo. Bergab ist es agil, wendig, handlich und spielerisch – so, wie ein MTB sein soll. Fast wäre das “Spielerische” aufgrund der Entwicklung bei den E-MTB zu immer stärkeren Motoren – aber auch immer massiveren Rahmen, breiteren Reifen und folglich höheren Gewichten – in Vergessenheit geraten. Das Turbo Levo SL erinnert einen daran, dass es durchaus auch anders geht.

Specialized definiert “Fahrspaß” auf dem E-MTB neu, denn der kommt auf einem E-MTB nicht nur durch ein stetes Überbieten der Motorleistung. Im Gegenteil: das “höher, schneller, weiter” bei der Motorenentwicklung ist zum Teil bedenklich. Die Antriebs-Komponenten halten den immensen Motorleistungen nicht stand, das hohe Gewicht ist ein Spaßkiller und die höhere Abnutzung des Trails durch immer stärkere Motoren ist ein Argument, welches die Kritiker immer wieder gegen E-Bikes anführen.

Wie viel wiegt der Spaß denn nun?

Die Waage pendelt sich bei knapp 17 kg ein. Das ist für eine E-Enduro rekordverdächtig. Realisiert wurde das weniger durch noch leichtere Rahmen, als durch leichtere Komponenten. Die schwersten Komponenten an einem E-Bike sind der Motor und der Akku. Deshalb wurde genau hier angesetzt, um das Turbo Levo auf Diät zu setzen. Der Motor leistet 240 Watt und nur 35 Newtonmeter. Auch das sorgt für das natürliche Fahrgefühl. Nie hat man das Gefühl, dass man “gefahren wird”. Den E-Bike-Hatern wird mit diesem Rad der Wind komplett aus den Segeln genommen. Der Fahrer steuert den größten Anteil bei. Mofa-Feeling? Nie! Das Specialized Turbo Levo SL hat das Zeug dazu, jeden, der das E-Bike aus Prinzip ablehnt, zu überzeugen. Egal, wie kritisch er auch sein mag.

Noch ein Punkt, an dem Gewicht gespart wurde: Im Unterrohr befindet sich ein fest eingebauter Akku, der lediglich 320 Wh groß ist, dafür aber auch nur 1,8 kg wiegt. Die Entscheidung, den Akku fest zu verbauen, ist beim Specialized wohl nicht einfach gefallen – aber es war die richtige. Denn so kann auf eine Öffnung im Rahmen verzichtet werden und der Rahmen selbst leichter werden. Ein Rahmenrohr, das man für einen Wechsel-Akku öffnet, wird instabil. Ein E-Bike mit geöffnetem Unterrohr benötigt folglich Versteifungen, was zu Lasten des Gewichts geht. Der aktuelle Trend, den Akku im Unterrohr zu integrieren, ist zwar optisch schön – schraubt aber das Gewicht nach oben – nicht so beim neuen SL von Specialized. Natürlich ist es trotzdem möglich, den Akku auszubauen, z.B. im Schadensfall. Allerdings ist das etwas schwieriger, als bei anderen E-Bikes, denn dazu muss der Motor erstmal demontiert werden. Ein Akkutausch sollte daher nur durch einen versierten Fachbetrieb durchgeführt werden.

Agil und verspielt zugleich – das Specialized Turbo Levo SL hat es in sich

Ganz gleich, ob der Fahrer im Eco-Modus mit 30 Prozent Zusatzleistung unterwegs sein möchte, die Turbo-Ausführung mit 100 Prozent Unterstützung nutzen will oder ob er sich für die Trail-Version mit 60 Prozent entscheidet – Fahrkomfort wird bei Specialized großgeschrieben. Das Turbo Levo SL ist in fünf Ausführungen erhältlich. Vier Varianten werden mit Carbonrahmen offeriert, während das Pedelec in der Grundausstattung über einen leichten Aluminium-Rahmen verfügt.

Damit das Turbo Levo SL auch im E-Mountainbike-Segment ohne Einschränkungen überzeugt, ist die Software angepasst worden und man hat eine zusätzliche Schiebehilfe implementiert.

Specialized Turbo Levo SL Mittels der innovativen Mission Control App ist es möglich, die Geschwindigkeitsstufen Turbo, Trail oder Eco – je nach Wunsch des Nutzers – individuell anzupassen. Weitere Apps sind verfügbar und ermöglichen unter anderem eine technische Unterstützung mit Blick auf die Diagnose absolvierter Fahrten sowie das Teilen von Touren etc.

Fazit: weniger ist tatsächlich mehr!

Das Specialized Turbo Levo SL ist ein Garant für Fahrspaß und Fahrkomfort. Und zwar für den Typ des sportlichen Mountainbikers, der vorwiegend selbst pedalieren möchte und daher ein leichtes und agiles Bike sucht. Der sich im alpinen Bereich bewegt und technische Raids fährt und ab und an sein Bike auch mal über Heidezäune hebt. Der sich aber an nicht enden wollenden Rampen oder extremen Teilstücken schon ab und an einen Motor wünscht. Specialized hat die Wüsche dieser sportlichen Fahrer berücksichtigt – und vielleicht auch die Kritik der E-MTB Geger gehört. Die Ingenieure bei Specialized haben ein Bike geschaffen, dass nicht jedem E-MTB`ler schmecken wird. Natürlich polarisiert das Turbo Levo SL – auch durch seinen Preis. Kritiker werden einwenden, dass man weniger Motor zu einem höheren Preis bekommt. Aber genau das ist der Denkfehler. Man erhält mit dem Specialized Turbo Levo SL eine Leichtbau-Waffe. Und weniger Gewicht hat schon immer einen Aufpreis bedeutet. All jenen, die das verstehen, offeriert das neue “SL” ein Maximum an Stabilität, Effektivität und Nachhaltigkeit. Und vielleicht erfüllt das Turbo Levo in der SL Variante am besten die Ansprüche, die man an die Marke Specialized stellt: ultimativen Fahrspaß. Um es mit dem Schriftsteller Milan Kundera zu sagen: das Specialized Turbo Levo SL bringt “Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins” zu den E-MTBs.