Der deutsche Hersteller Conway hat für 2020 ein neues, attraktives AllMountain-E-MTB im Angebot: das Xyron. Wie schlägt sich das Modell Xyron 527 in unserem Langzeittest? Ein Fazit nach knapp 800 Testkilometern.
Spektakuläres Video: Unser Conway wird entführt!
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Die Firma Conway ist für Beobachter der E-MTB Szene längst kein Unbekannter mehr. Mit den Modellen eWME mit Shimano-Motor, wie auch dem im letzten Jahr vorgestellten eMF erfreute sich die Marke einer stetig wachsenden Fangemeinde. Auch wir hatten letztes Jahr die Gelegenheit, ein eWME 627 auf den anspruchsvollen Trails in Südtirol ausgiebig zu testen. Danach stand für uns fest: Conway kann richtig gut funktionierende E-Bikes bauen. Unser Wunsch damals: dieses Bike mit einem Bosch Motor! Das wär‘s…
Das Conway Xyron will es allen Fahrern Recht machen
Fast scheint es so, als ob CONWAY unseren Wunsch erhört hätte. Ende letzten Jahres zeigte Conway auf der EuroBike ein auffällig blau lackiertes eMTB mit dem neuen Bosch CX Motor der vierten Generation. Schon auf dem Messestand versprach das Bike durch seine moderne Linienführung und seine Geometrie ein vielversprechendes E-MTB zu werden. Das erklärte Ziel der Entwickler: einen unkomplizierter Alleskönner auf die Räder zu stellen, der sowohl den Tourenfahrer als auch den Trailjäger glücklich macht. Vom Bikeurlaub bis Fahrrad-Alltag. Hatte Conway sich da zu viel vorgenommen?
Ein Blick in den Prospekt zeigt die Modellstrategie, mit der Conway dieses Ziel erreichen will: das Xyron kommt als „nacktes“ E-MTB daher – aber auch als neue Kategorie der sogenannten „SUV“ E-Bikes mit Schutzblechen, Gepäckträger und Beleuchtungsanlage. Doch nicht nur das. Ein etwas genauerer Blick offenbart: es gibt zwei unterschiedliche Linien des Xyron. Einmal die Modelle mit Aluminium-Rahmen. Dann die Modelle mit Carbon-Rahmen. Der Trick, um alle Arten von Fahrern glücklich zu machen: die Rahmen unterscheiden sich nicht nur aufgrund des Materials. Die technischen Angaben im Prospekt verraten dem Kenner, dass die Aluminium Modelle mit etwas kürzerem Reach und einem hören Stack daherkommen. Die Carbonmodelle weisen dafür einen größeren Reach, weniger Stack und geringeren Bottombracket-Drop auf.
Interessante Modellpolitik und technische Details
Übersetzt man diese technischen Angaben in Sprachdeutsch, dann heißt das: auf dem Xyron mit Aluminium Rahmen sitzt es sich komfortabel-aufrecht. Auf dem Xyron mit Carbon Rahmen sitzt man sportlich-gestreckt. So zumindest die Theorie hinter den Zahlen. Wir entscheiden uns also für das Topmodell der Aluminium-Serie. Dem Xyron 527.
Das Conway Xyron 527 steht in diesem Pantone 7705 Farbton vor uns, einem kalten Blau mit leichtem Stich ins Türkis. Das ist exakt die Farbe, die uns schon auf der EuroBike so gut gefallen hat. Und das Conway schmeichelt den Blick des Betrachters auch durch seine Formensprache: die Linienführung ist modern und frisch. Die Bikes von Conway überzeugten bislang mit einem gewissen Pragmatismus. Hier durfte der Designer auch einmal zeigen, was er kann. Das stark nach hinten abfallende Oberrohr geht nahtlos in die Hinterbaustreben über. Die Anlenkung des Dämpfers (der „Rocker“) ist optisch gefällig integriert. Der Dämpfer selbst sitzt versteckt zwischen den Flanken des sich nach unten hin teilenden Sitzrohres.
Zusammen mit dem in das Unterrohr integrierten Akku ergibt das einen sehr aufgeräumten, sehr cleanen Look. Um das massive Unterrohr optisch schlank zu halten, wurde hier mit Schwarz als Kontrastfarbe gearbeitet. Das Xyron ist ein ästhetisch gelungenes Bike. Daran leistet auch der Motor seinen Beitrag, der schlanke und gut ins Bike integrierte Bosch CX der vierten Generation.
Die Ausstattung des Xyron 527 überzeugt
Dazu die Ausstattung die kaum Wünsche offen lässt: das Highlight des Xyron 527 ist zweifelsohne das komplett einstellbare Fox-Fahrwerk mit der E-MTB getunten Fox36 Float Gabel und dem überragenden DPX2 Hinterbaudämpfer. Dazu die neue 12-fach Shimano XT-Schaltung und leistungsstarke Vierkolbenbremse, ebenfalls aus dem XT-Regal. Und eine Sattelstütze mit 150mm Hub. Mehr braucht es fast nicht.
Unsere Laufräder auf den Bildern sind nicht Original. Serienmäßig steht das Conway Xyron auf 27,5“ Plus Laufrädern von DT Swiss mit 2,6“ Bereifung. Aus optischen Gründen haben wir die CrankBrothers Lithium Laufräder verbaut, weil wir der Meinung waren, dass das Design dieser Laufräder wunderbar die kantige-aggressive, aber doch ansprechende Linienführung des Bikes unterstreicht.
Eine technische Notwendigkeit ist das nicht. Die 1900er Laufräder von DT Swiss funktionieren tadellos. Wenn wir schon beim Pimpen sind: orange Pedale von CrankBrothers, orangene Griffe von Ergon und ein paar orangene Decals geben dem blauen Bike ein paar interessante Farbtupfer, wie wir finden. Das legendäre „GULF Racing“ Design lässt grüßen. Doch Optik ist längst nicht alles bei diesem Bike. Es will gefahren werden und scharrt schon ungeduldig mit seinen 2,6“ breite Hufen (hinten: Hans Dampf, vorne: Magic Mary)
Ab auf den Trail!
Auf dem technischen Natur-Trail fühlt sich das Conway Xyron so richtig in seinem Element. Bergauf spielt der BOSCH Performance CX Gen4 Motor (wir berichteten hier) seine Stärke aus. Man muss es so deutlich sagen: in Sachen Leistungsabgabe und Dosierbarkeit setzt der neue CX die Benchmark. Die nominell 75Nm fühlen sich stärker an. Wer es braucht, kann mit dem Motor auf losem Terrain in Steilstücken anfahren, ohne, dass ihm das Hinterrad weggeht. Wer will, der kann dem Motor aber auch an technischen Passagen explosiv seine Kraft entlocken und Kanten und Absätze spielerisch meistern. Und wer es auf Reichhöhe abgesehen hat, der kann mit dem Xyron dank 625 Wh Akku im Unterrohr und E-MTB Modus auf 1.800 Höhenmeter kommen.
Das Xyron beherrscht den Uphill-Flow…
Den Fahrspaß im technischen Uphill trübten nur die von Ausstatter FSA anfänglich falsch gelieferten 175mm langen Kurbelarme. Dieses Manko ist behoben und das Xyron steht auf 165mm Kurbelarmen. Das tiefe Tretlager integriert den Fahrer gut im Bike. Zusammen mit dem sanft ansprechenden FOX Fahrwerk ergibt das jederzeit eine gute Kontrolle und absolutes Vertrauen in das Bike. Im Vergleich zum RockShox-Fahrwerk sitzt das FOX Fahrwerk etwas tiefer im Federweg. Dadurch geht zwar etwas Bodenfreiheit verloren, was sich in der Praxis aber nur bei der Überwindung von quer liegenden Baumstämmen und hohen Kanten bemerkbar macht.
… genauso wie den Downhill-Fun.
Bergab liegt das Xyron dadurch aber sehr satt und souverän auf dem Trail, ohne an Verspieltheit zu verlieren. Es ist eine unkomplizierte Spaßmaschine, die den Fahrer weder unter- noch überfordert. Die kurzen Hinterbaustreben lassen das Bike willig eindrehen, der flache Lenkkopfwinkel sorgt für Geradeauslauf-Stabilität. Überhaupt arbeitet die 36er FOX Float E-Tuned sehr unauffällig – aber enorm gut. Das war uns schon im Conway eWME 627 aufgefallen. Und im Conway Xyron 527 ist es nicht anders. Unseren Standard-Testparcours, den „Wurzeltrail” bügelt das Conway glatt – jedoch ohne den Fahrer zu sehr vom Untergrund zu entkoppeln.
Die Conway-Ingenieure haben genau jenen Punkt getroffen, wo Fahrkomfort und Fahrfreude sich die Waage halten. Man kann sich voll und ganz auf den Trail konzentrieren. Die Gabel spricht feinfühlig und sanft an. Ein Verwinden kennt sie nicht. Selbst dann nicht, wenn die neuen Vierkolben-Stopper der XT gnadenlos, aber jederzeit fein modulierbar zupacken. Bergab glänzt die Varia-Sattelstütze. Die verbaute Contec Drop-a-GoGo Variostütze steht auch wesentlich teureren Exemplaren in nichts nach. Der Bedienhebel liegt gut am Daumen und funktioniert ohne großen Kraftaufwand. Die 150mm Hub sind bei Rahmengröße „M“ ein guter Wert.
Conway Xyron 527 – das Testfazit
Auf dem Rückweg vom Trail habe ich ein fettes Grinsen im Gesicht. Und stelle fest: das Xyron taugt auch im „Shuttle-Modus“ als komfortables und bequemes Bike. Das wird den komfort-orientierten Fahrern gerecht. Sollte das Conway Xyron die berühmte „eierlegende Wollmilchsau“ sein? Ich sage: ja.
Das Xyron 527 schafft den Spagat zwischen Agilität und Laufruhe sehr gut. Es hat ein potentes Fahrwerk, ohne divenhaft zu sein. Zwar gibt es da draussen radikalere E-MTBs. Vielleicht auch verspieltere E-MTBs, die auf dem Trail noch schneller unterwegs sind. Aber das Conway Xyron 527 überzeugt mit seiner Unkompliziertheit. Und seiner Fahrbahrkeit für „Jedermann“. Die Ausstattung ist solide und bietet enorm viel für`s Geld.
Das Gesamtkonzept des Bikes ist ebenso durchdacht, wie die gesamte Modellpalette. Beim Xyron wird jeder fündig, ein für ihn passendes E-MTB zu finden. Um dann seine fahrerischen Grenzen zu erweitern und einfach nur Spaß zu haben. Und mal ehrlich: ist es nicht genau das, worum es beim Ebiken geht?
Die Modelle
Die Conway Xyron Modelle starten bei fairen 3.699,- EUR für das Modell 227 mit Aluminium-Rahmen mit RockShox Recon RL-Federgabel, Shimano Deore 10-fach Schaltung und 500 Wh-Akku (das einzige Modell mit kleinem Akku) und reichen bis hin zu 7.999,- EUR für das edel ausgestattete XYRON 927 mit Carbon-Rahmen, SRAM X01 Eagle AXS-Schaltung, RockShox Pike Ultimate-Federgabel und DT Swiss HX1200-Carbonlaufrädern. Das interessanteste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet sicher das von uns getestete Xyron 527 für 5.199 € mit Aluminiumrahmen und FOX Fahrwerk. Oder für sportlichere Fahrer das Xyron 727 mit Carbonrahmen für 5.299,- EUR, das im Vergleich zum Xyron 527 mit einer SRAM Schaltung und Laufrädern von Rodi statt DTSwiss daher kommt.
Und plötzlich ist da dieser Typ
Während unseres Tests kommt dieser komplett in Schwarz gekleidete Kerl daher und schnappt sich einfach unser Bike! Keine Ahnung, wer er ist oder woher er kommt.
Manche behaupten, er hat Chuck Norris die Stützräder vom Rad geklaut. Andere sagen, er streut sich jede Morgen eine Prise Carbon über sein Frühstücks-Ei. Alles was wir wissen ist: er ist schnell. Verdammt schnell.
Wir nennen ihn THE FAST DUDE.
Mehr Infos zum Bike
Fotos
Unser Mann hinter der Kamera: Florian Meinhardt.
Mehr über ihn und seine Arbeiten: www.florianmeinhardt.de