Eines vorweg: Natürlich ist das E-Bike kein Wundermittel gegen das Corona-Virus. Anders als mancher Bio-Biker dreht sich COVID19 beim Anblick eines E-Bikers nicht einfach um und zeigt ihm die kalte Schulter. Sich nun aufs Rad zu setzen hat trotzdem viele Vorteile und kann helfen, die Pandemie glimpflicher verlaufen zu lassen. 

Helft, die Kurve abzuflachen!

Das Coronavirus ist hochinfektiös. Es wird sich daher nicht vermeiden lassen, dass sich viele von uns mit dem Corona-Virus infizieren. Fachleute sprechen davon, dass 60 % bis 70 % von uns “früher oder später” infiziert sein werden. Es kommt beim Verlauf der Pandemie jedoch ganz erheblich auf das “… oder später” an! Zwar wird bei den meisten die Erkrankung mild verlaufen – bei Risikogruppen jedoch wird sich der Infekt stärker bemerkbar machen. Der Präsident des Robert-Koch-Institutes, Lothar Wieler, hat daher die Bevölkerung aufgerufen, die empfohlenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Epidemie strikt einzuhalten. Damit das Gesundheitssystem nicht unter einer plötzlichen Flut von Risikopatienten zusammenbricht, kann jeder einzelne durch sein Verhalten dazu beitragen, die Infektionskurve abzuflachen. Damit entlastet nicht nur die Krankenhäuser, sondern gibt man den Forschern etwas mehr Zeit, um Behandlungsmethoden zu entwickeln.

Radfahren hat positive Effekte

Ein gesundes Immunsystem ist die beste Voraussetzung um eine Erkrankung mit dem Corona-Virus am besten zu überstehen. Schonende Bewegung an der frischen Luft mit dem Fahrrad oder E-Bike stärkt Herz & Kreislauf. Darauf muss man jetzt nicht verzichten. Alexander Keule, Direktor des Institutes für Mikrobiologie der Universität Halle, meint, dass es “…nicht notwendig sei, die ganze Republik in der Bude einzusperren.” Der renommierte Virologe spricht sich dafür aus, auch während der Coronakrise weiterhin an die frische Luft zu gehen. Denn: Die Frühlingssonne lässt unsere Haut das für das Immunsystem wichtige Vitamin D3 herstellen. Dazu reichen wenige Minuten direkte Sonneneinstrahlung auf die Haut. „15 Minuten pro Tag auf Handrücken, Unterarme und ins Gesicht reichen aus“, empfiehlt auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention Chefarzt Professor Eckhard Breitbart. Das erste Argument “pro Radfahren” lautet also: Besorgungsfahrten oder auch kurze Touren mit dem Fahrrad oder E-Bike tun gut! Solange man die Empfehlungen zu Hygiene und sozialer Distanz beachtet.

Mit dem E-Bike das Virus “umradeln”

Das zweite und wichtigere Argument für das Fahrrad bzw. E-Bike ist jedoch: es ist das risikolosere Pendlerfahrzeug! Als sich Gesundheitsminister Jens Spahn mit Verhaltenstipps an die Bevölkerung wandte, erwähnte er auch explizit das Fahrrad. Jeder solle sich aus Gründe des “Social Distancing” überlegen, ob er Wege zu Fuß “oder mit dem Rad” zurücklegen könne, anstatt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Chance sich alleine auf dem Fahrrad oder E-Bike auf weiter Flur anzustecken – oder als bereits infizierter Überträger jemand anderes anzustecken – liege laut Michael Barczok vom Bundesverband der Pneumologen “bei Null”. Wer mit dem E-Bike anstatt mit den Öffentlichen zur Arbeit pendelt, hält den von Virologen und Experten empfohlenen Abstand zu seinen Mitmenschen ein. Der Schutz vor Ansteckung durch Abstand zueinander ist die wichtigste und effektivste Maßnahme im Kampf gegen eine tsunamihafte Infektionswelle.

Gesteigerte Fitness, geringeres Ansteckungsrisiko und mehr Abstand zueinander

Menschen, die vielleicht selbst noch keine Symptome zeigen, aber bereits infiziert sind, sind auf dem Fahrrad bzw. E-Bike ein deutlich geringeres Infektionsrisiko für all diejenigen, die nicht anders können, als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu fahren. Deshalb lautet das dritte gute Argument, dass es in Bussen und Bahnen weniger beengt zugeht, je mehr Menschen stattdessen das Fahrrad oder E-Bike als Penlderfahrzeug nehmen. In Folge halten weniger Menschen in Bussen und Bahnen automatisch mehr Abstand zueinander ein. Wer in dieser Krisensituation auf das Fahrrad oder E-Bike als Pendlerfahrzeug ausweicht, der schafft diesen Raum für andere und tut damit jedem etwas gutes – nicht nur sich selbst. Die COVID19 Epidemie ist dauerhaft nur zu überwinden, wenn >alle< Menschen gesunden.

Weniger Kontakt mit kontaminierten Flächen

Der vierte medizinische Grund ist, dass man als E-Biker und Radfahrer einem geringeren Risiko ausgesetzt ist, sich durch Berühren von Oberflächen zu infizieren. Den Erkenntnissen der Virologen zufolge kann das COVID19 Virus bis zu 9 bis 12 Stunden an Oberflächen überlegen. In dieser Zeit strömen tausende von Fahrgästen durch Bus, Bahn oder Tram. Jeder Haltegriff, jede Glasscheibe, jedes Sitzpolster in den Öffentliche kann kontaminiert sein. Hygienisch gereinigt wird jedoch erst am Abend, wenn das Fahrzeug zurück in sein Depot fährt. Die Griffe eines E-Bikes oder Fahrrades sehen in dieser Zeit nur die zwei Hände seines Besitzers. Zwar gibt es auch Ampeln, die von Radfahren betätigt werden müssen, bzw Pfosten, an denen sich Radfahrer während der Rotphase festhalten. Dies sei aber “seuchenhygienisch unbedenklich”, so Michael Barczok.

Radfahren ist hocheffektiv gegen das Virus sagt Experte

Gerd Antes, Epidemiologe und frühere Chef des Deutschen Cochrane-Zentrums in Freiburg, empfiehlt daher „Fahrradfahren für alle, die in der Lage dazu sind!“ Die Dreifachwirkung aus Gesundheit, Vermeidung von Ansteckung und der Schaffung von mehr Abstand zueinander im öffentlichen Raum sei deshalb „wahrscheinlich hoch effektiv“, so der Epidemiologe. Es stelle zudem “einen hohen Schutz für andere dar”, wie Antes betont. Ihm ist es völlig unverständlich, warum Radfahren nicht viel stärker als eine Verhaltensregeln gepredigt werde.

Michael Barczok erwähnt die besondere Rolle, die dabei E-Bike für Ältere und Vorderkrankte Menschen einnimmt. Man weiß, dass eine pneumologische Vorerkrankung den Verlauf einer Corona-Infektion negativ beeinflußt. Menschen mit COPD oder Asthma sind eine solche Risikogruppe. Denen empfiehlt der Pneumologe, auf das E-Bike umzusteigen. Dies sei eine gute Möglichkeit körperlich in Bewegung zu bleiben – ohne sich überanzustrengen. Dass sich die Todesrate unter den Corona-Erkrankten durch Radfahren senken ließe, sei zwar möglich – aber noch nicht wissenschaftlich untersucht. Wir meinen: fahrt mit dem Fahrrad oder E-Bike! Denn es gibt weitere Gründe dafür.

Ein Gepäckträger verhindert Hamsterkäufe

Bayern hat bereits den Katastrophenfall ausgerufen. Das öffentliche Leben ist stark eingeschränkt, alle nicht systemrelevanten Geschäfte sind geschlossen. In solch einer Situation geraten einige Menschen in Panik und tätigen Hamsterkäufe. Das ist nicht nur zutiefst unsozial – sondern auch absolut unlogisch. Denn in einer Pandemie ist es nicht nur wichtig, selbst gesund zu bleiben – sondern das Umfeld sollte es tunlichst auch sein. Es gilt in Zeiten wie diesen eine Sorgfaltspflicht gegenüber allen – nicht nur sich selbst.

Der kleine Gepäckträger des Fahrrades bzw. der Fahrradrucksack hält einen wirkungsvoll davor ab, in einem Anfall von Unsicherheit oder Panik das gesamte Regal Klopapier und die komplette Palette Desinfektionsmittel zu kaufen. Der fünfte – völlig unwissenschaftliche aber plausible – Grund für ein Fahrrad oder E-Bike. Auch die auf unserem Titelbild gezeigte Atemmaske ist beim Radfahren und in privaten Haushalten absolut nicht notwendig. Sie fehlt stattdessen andernorts: zum Beispiel in Krankenhäusern. Dort benötigt das Personal diese Masken, um eine Isolationskette aufrecht zu halten. Nicht nur gegen Corona, sondern hauptsächlich gegen eine normale Influenza.

Maßvoll einkaufen – keine Lebensmittel horten

Die Nahrungsmitelversogungskete funktioniert auch in Zeiten von Corona, wie Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte. “Hamsterkäufe sind unnötig und schaden auch.” Mittelfristig führt eine übertriebene Bevorratung nur zu unnötiger Lebensmittelverschwendung. Warenlieferungen aus dem Ausland funktionieren und Supermärkte bleiben geöffnet. Die Bundesregierung hat das Einkaufen für Berufstätige sogar vereinfacht: Die Öffnungszeiten der Lebensmittelgeschäfte werden – zumindest in Bayern – gelockert. Läden sollen wochentags bis 22:00h und auch Sonntags geöffnet haben dürfen. Jeder hat in den nächste Wochen genügend Zeit und Raum zum Einkaufen. Auch das Horten von Flächen-Desinfektionsmitteln oder Atemmasken ist unsinnig. Die empfohlenen Regeln zur Hygiene und der sozialen Distanz genügen. Lasst also jedem etwas übrig in dieser schwierigen Zeit. Zeigt Solidarität und Mitgefühl. Seid nicht egoistisch – sondern teilt!

Nicht die Decke auf den Kopf fallen lassen

Und dann gönnt euch ruhig mal eine Verschnaufpause. Steigt aufs Rad, solange es noch keine restriktive Ausgangssperren gibt. Frische Luft tut gut. Es durchblutete den Körper und durchlüftet die grauen Zellen. Damit Lagerkoller und Panik erst gar nicht aufkommt. Wichtig dabei: nehmt auf Ausfahrten euer eigenes Proviant mit. Obst ist jetzt das, was gut tut. Nicht kiloweise Nudeln und Mehl. Meidet Ausflugslokale, Biergärten, etc. solange diese überhaupt noch geöffnet sein dürfen. Die Gläser, das Geschirr, die Bedienung, die Gäste – alles sind mögliche Überträger. Das ist keine übertriebene Hysterie, sondern ein Fakt.
Biergläser werden zum Beispiel in den kleinen Lokalen meist nicht in der Spülmaschine mit mind. 70°C gewaschen, sondern einfach nur im Spülbecken mit stehendem, lauwarmen Wasser kurz gereinigt – um dann alle mit dem gleichen feuchten Lappen abgewischt zu werden. Besser und schneller kann man Keime und Viren nicht verbreiten. Corona jubelt!

Fahrradwerkstätten bleiben geöffnet

Wer nun auf öffentliche Verkehrsmittel verzichten und stattdessen E-Bike oder Fahrrad nuten will, muss keine Sorge haben, wenn eine Reparatur notwendig ist. Fahrradwerkstätten werden weiterhin ihre Dienstleistungen anbieten. In einem gemeinsamen Statement interpretieren mehrere Fahrradverbände und die Bundesinnung des Zweiradhandwerkes die aktuellen gesetzlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie in Deutschland so, dass Fahrradwerkstätten weiter geöffnet bleiben dürfen.

“Millionen Menschen werden dem Rat von Gesundheitsminister Spahn folgen und in den nächsten Wochen ihr Fahrrad statt Bus und Bahn nutzen. Das ist genau richtig so! Manche tun es bereits, andere werden ihr Rad aus dem Keller holen und es reparieren müssen. Es wird nicht nur deshalb einen hohen Bedarf in Fahrradwerkstätten geben. Schließlich wird das Fahrrad in den nächsten Wochen, neben dem Auto das wichtigste Verkehrsmittel sein, da es infektionssicher ist und von jedermann genutzt werden kann.“, wie es in der Erklärung heisst.

Passt auf euch auf

Und zu guter Letzt: Fahrt im Moment auf den Trails etwas defensiver als sonst. Seid im Straßenverkehr achtsamer als sonst. Vermeidet Unfälle. Denkt sprichwörtlich für andere mit. Das sollte man grundsätzlich immer – aber nun ist es doppelt wichtig. Denn die Betten in den Krankenhäusern könnten bald für andere gebraucht werden. In Tirol sind die Kapazitäten bereits erreicht. In Deutschland ist das Gesundheitssystem ebenfalls nicht für eine exponentielle Steigerung der Patientenzahlen eingerichtet. Jeder vermeidbar Verunfallte nimmt einem Corona-Patienten einen bitter notwendigen Platz im Krankenhaus weg. Und nebenbei will man nicht mit einem gebrochenen Schlüsselbein ins Krankenhaus hinein kommen – und mit einer Corona-Infektion wieder hinaus. Also: es kommt jetzt nicht auf Bestzeiten an. Macht langsamer. Genießt den Uphill-Flow anstatt das Downhill-Geballer. Wählt die Chicken-Line anstatt der Pro-Line. Nehmt den breiten Feldweg statt den technischen Singletrail. Ihr macht das nicht nur für euch selbst. Jeder von euch trägt in dieser Krise auch Verantwortung für ein geliebtes Familienmitglied. “Wir sind erst am Anfang einer Epidemie, die noch Wochen und Monate in unserem Land unterwegs sein wird”, so Lothar Wieder vom Robert-Koch-Institut.

 

Panik ist kein guter Ratgeber

Kopflosigkeit hat noch nie geholfen. Eine allzu große Unbeschwertheit aber auch nicht. Steigt auf das E-Bike und radelt damit vorsichtig und besonnen zur Arbeit und zum Einkaufen. Oder einfach mal raus in die Natur, um frische Luft und Sonne zu genießen. Und ja – das geht natürlich auch alles mit dem konventionellen Fahrrad. Mit dem E-Bike geht es vielleicht noch einen Tick besser. Der Weg zur Arbeit ist weniger anstrengend. Der innere Schweinehund, der überwunden werden muss, um sein Verhalten nun etwas zu ändern, ist kleiner. Aber egal ob mit Elektrounterstützung oder ohne: Fahrradfahrer und E-Biker rücken in Zeiten von Corona solidarisch zusammen – und gehen räumlich auf Distanz. Um pedalierend den Verlauf der Epidemie gemeinsam etwas glimpflicher zu gestalten. 

In diesem Sinn: bleibt gesund!

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PS: Auch der Fahrrad-Blog “Born2Bike” beschäftigt sich mit dem Thema “Fahrrad und Corona”: klickt hier!