Finnland. Das Land von Knäckebrot und Sauna. Und bald auch E-Bike Antrieben? Revonte war eine der Überraschungen auf der Eurobike 2019. Das finnische Start-Up-Unternehmen präsentierte fast unbemerkt ein revolutionäres Antriebskonzept mit stufenlosem Automatikgetriebe und schier grenzenloser Individualisierung und Konnektivität. Manche Revolutionen beginnen still und zurückhaltend . Revonte ist eine solche.
Typisch finnisch. Die Nordlichter machen kein großes Aufheben um die wirklich wichtigen Dinge. Und deswegen ist die vielleicht bahnbrechendste Innovation in Sachen E-Bike auf der Eurobike 2019 ziemlich unscheinbar und ganz am Rand des Freigeländes zu finden: Das Antriebssystem Revonte ONE ist nicht nur ein leistungsstarker Motor mit angeflanschtem Automatikgetriebe, ergonomischer und flexibler Steuerung, Hochleistungsbatterie und mobiler Anwendung – der Antrieb der Softwareentwickler (unter anderem für Nokia) aus dem Norden ist eine ganzheitliche Lösung mit beispielloser Anpassungsmöglichkeit und Vernetzung via Software. Das Resultat ist so verblüffend, dass man feststellen muss: die smarten Finnen sind mit ihrem Antrieb der E-Bike Branche gefühlt um Jahre voraus. So muss die Zukunft aussehen!
Kompakte Motor-Getriebe-Einheit
Die technische Basis dieses Antriebs bildet ein sehr kompakter 48V Motor mit angeflanschtem, automatischem CVT-Getriebe, ähnlich einer stufenlosen Enviolo Nabe. Eine Technologie, die von VW, Audi, Mercedes und vielen anderen Automobil-Herstellern eingesetzt wird und langsam aber sicher auch Einzug bei E-Bike hält.
Der Schaltvorgang erfolgt entweder automatisch, kann aber auch manuell vorgenommen werden. Sensoren in Motor und Getriebe sorgen dafür, dass man mit konstanter Kadenz pedalieren kann. So, wie man es von einer Enviolo Harmony kennt. Und wer indexierte Gänge wünscht, kann das auch haben: dann stellt die stufenlose Getriebenabe bis zu 20 Gänge mit klar definierten Schaltstufen bereit, die entweder automatisch geschaltet werden, oder mittels Taster am Lenker vom Fahrer eingelegt werden. Noch Wünsche offen?
Per Software bestimmbare Motorcharakteristik
Laut der Macher soll das System intelligent bzw. lernfähig sein und sich selbstständig an die Fahrweise des Fahrers anpassen. Selbstverständlich ist auch eine individuelle Anpassung des Motor-Setup möglich. So kann jeder Hersteller auf Basis der Revonte One seinen Modellen unterschiedliche Charakteristiken und Leistungskurven mitgeben – vom Citybike, über Trekking bis Cargo und Mountainbike. Der Kunde kann dann noch Feinabstimmungen im Setup vornehmen.
»Für den Hersteller von E-Bikes bedeutet dies deutlich mehr Individualität wie die Motor Performance sich entfalten soll, die Abstimmung ist frei wählbar, für jeden Kunden und jede Fahrradkategorie. Ein Motor für MTB, Trekking, City, Urban und Cargo vereinfacht auch die Supply Chain«, so die Argumentation der Entwickler. Bis zu 85 Nm soll der Motor leisten. Wobei unterschiedliche Leistungs- und Drehmomentkurven programmiert werden können.
Volle Kontrolle über App und Cloud
Die eigens programmierte Handy-App bietet GPS-Navigation-, Tracking- und Analyse-Funktionen. So hat man jederzeit Zugriff auf seine Motor- und Akkudaten, aber auch Kontrolle über Licht, Schloss, etc. Über den Cloud-Service können weitere Dienste zum Einsatz kommen zum Beispiel für Tracking und Tracing, aber auch Ferndiagnose, Updates und Fernwartung sind möglich. Doch damit sind die Möglichkeiten noch lange nicht erschöpft.
Möglichkeiten der Personalisierung
Denkbar ist eine personalisiete Ansprache des Kunden und die Ausspielung relevanten Contents über sein Handy. Der Aufbau einer eigenen Identität als E-Bike-Marke, die Verbesserung des Service-Angebotes und Ausbau des After-Sales sind bevorstehende Themen der Bike-Branche, die aufgrund ihrer klassischen Vertriebsstrukturen die gesteigerten Wünschen der E-Bike Kunden bislang nur unzureichend abdecken kann. Revonte bietet dafür interessante Lösungsansätze.
BMZ als Partner
Revonte hält sein Antriebssystem bewusst offen für individuelle Lösungen, so wie Shimano oder Brose. So haben E-Bike-Hersteller die Möglichkeit, ihre eigenen Akkulösungen zu entwickeln.
Zum Start, der für 2020 geplant ist, gibt es jedoch einen in Zusamenarbeit mit BMZ entwickelten Akku. Dieser kann – muss aber nicht – verwendet werden. BMZ wird ebenfalls den Service von Revonte in Europa übernehmen.
Die Zukunft hat begonnen
Die sympathischen Finnen werden Ende des Jahres auf Roadshow gehen und potentielle Partner in der E-Bike-Branche aufsuchen. Dabei legen sie ihren Fokus ganz klar auf Deutschland als Innovationsmotor innerhalb des weltweiten E-Bike-Marktes.
Als ich mich vom Stand verabschiede, bin ich sicher: DAS ist die Zukunft des E-Bikes. Ich frage, warum sie ihren innovativen Antrieb nicht zum Eurobike Award angemeldet haben. Und sich stattdessen kleinlaut in einer Ecke der Messe verstecken. Schulterzucken. Warum sollte man? Der Antrieb ist genial. Ok. Aber deswegen gleich ein Riesen-Tamtam darum machen?!? Die Jungs senken ihre Blicke verlegen nach unten. Ich muss an einen Witz denken:
„Woran erkennst Du einen introvertierten Finnen? Ganz einfach: Er schaut auf seine Schuhspitzen, wenn er mit dir spricht. Und woran erkennst Du einen extrovertierten Finnen?? Nun – er schaut auf >deine< Schuhspitzen.“
Wir meinen: Revonte zeigte mit seinem ONE getauften Antrieb nicht nur ein überaus smartes und anpassungsfähiges Antriebskonzept, sondern präsentierte bereits fertig formulierte Antworten auf die kommenden Fragen nach der Zukunft des E-Bikes. Die da heissen: Individualisierung, Personalisierung und Konnektivität.
Noch mehr Informationen über die Eurobike?
Das Magazin »ElektroRad« erscheint am 11. Oktober mit einem 30-seitigen Eurobike-Special. Erhältlich als Online-Ausgabe, im gut sortierten Bahnhofsbuchhandel, am Zeitschriftenkiosk, bei kompetenten Fachhändlern und im “Flex Abo” mit sechs Ausgaben. Wer nicht solange warten kann, surft derweil auf den Seiten der Zeitschrift ElektroRad
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